Silent Baba betet vor dem Heiligen Berg Shivling. Dieser Berg ist dasBildnis der indischen Gottheit Shiva, Gott der Zerstörung und Erneuerung.

Mit unserer Trägerkolonne gehen wir zwei Tagein unser Basislager, am Fuße des Berges Shivling.

Tapowan. Für die einen ist es ein heiliger Ort. Hier leben Sommer wie Winter Sadhus,Heilige Männer. Unter anderem auch Silent Baba, der ein zweijähriges Schweigegelübdeabgelegt hat. Für uns ist es das Basislager, ein Ort der Erholung von den Strapazen des Berges.

Es geht los: Alexander in der erstenSeillänge am  Nordostpfeilers des Shivling.

Alexander musste krankheitsbedingt die Expedition abbrechen.Ich lernte auf Tapowan den schweizer Bergsteiger Iwan Wolf kennenund konnte ihn für das Projekt »Shivling Nordostpfeiler« begeistern.

Licht und Schatten zeichnen ein magische Linie zum Gipfel des Shivling, 6.543 Meter. Hans Kammerlander hat mit seinem Team den unteren Teil des Pfeilers bereits durchstiegen,scheiterte jedoch aufgrund schlechten Wetters. Die Japaner querten von rechts nach links in denMittelteil des Pfeilers und traversierten unter der Headwall nach rechts in leichtes Gelände.Die perfekte Linie ist somit noch jungfräulich.

Iwan und Thomas starten am frühen Morgen vomBasislager Tapowan. Das Abenteuer beginnt…

Wir steigen, an den mit Alexander fixierten Seilen,200 Meter bis zu unserem Umkehrpunkt auf

Thomas klettert im 7. Schwierigkeitsgrad in bestemGranit im oberen Bereich des »Kammerlander-Pfeilers«.

Materialtransport zu unserem 6.000er Camp. Die heute zurückgelegteKletterstrecke müssen wir noch ein zweites Mal bewältigen.

Unser exponiertes Zeltlager auf 6.000 Meter. Links und rechtsgähnende Tiefe, über uns die scharfe Gradkante des Nordostpfeilers.

Wir starten mit der Kletterei. Über unserem Camp geben unsdie alten, verrotteten Fixseile der Japaner die Richtung vor.

Iwan steigt vor, die Kletterei ist schwierig. Es ist sehr kalt, windig und die Headwallüber uns sieht furchterregend aus. Es scheint ein wirkliches Abenteuer zu werden.

Iwan in der letzten Seillänge, entlang der Fixseilresteder Japaner. Die Headwall kommt bedrohlich näher.

Iwan ist motiviert. Es ist zu kalt, um mit Reibungskletterschuhen unterwegszu sein, was die Sache im Schwierigkeitsgrad 6+ nicht einfacher macht.

Die erste Seillänge der Headwall: sie wurde bis dato zu Thomas größterPrüfung als Bergsteiger und Kletterer. Ein überhängendes, loses Schuppengeflechtmusste in technischer und freier Kletterei überwunden werden.

Thomas führt alle Seillängen der Headwall. Eine jede Seillänge wird zu einer kleinenHerausforderung, die nur mit sämtlichen technischen Raffinessen bewältigt werden kann.

Iwan klettert im Eisfeld zweihundertMeter unterhalb des Gipfels.

Iwan Wolf am Gipfel des Shivling, 6.543 Meter.Gezeichnet von den Anstrengungen der letzten drei Tage.

Thomas erschöpft und überglücklich. Wir sind am Ziel. Eine dicke Wolkenhülle versagt uns die Sicht.Aber was hier zählt ist nicht die Aussicht, sonder einzig und alleine dieser perfekte Moment. Vor unsliegt ein langer gefährlicher Abstieg. Erst im Basislager können wir sagen, wir haben es geschafft.

Iwan und Thomas haben als Team perfekt funktioniert. Sie nennen Ihre Kreationaus Kammerlander-Pfeiler, Japaner-Führe und direktem Aussteig über die HeadwallShiva´s Line. Diese Expedition wurde im Jahr 2001 mit dem Piolet d´Or ausgezeichnet.

2000

Shivling

Garhwal Himalaya / Indien

Expeditionsbericht

Das Matterhorn des Himalaya


Text: Thomas Huber


Vom 25. April bis 7. Juni 2000 waren wir wieder unterwegs. Die Expedition ging diesmal nach Indien, in das Garhwalhimalaya. Unser Ziel war der formschöne 6.543 Meter hohe Shivling, das Matterhorn des Himalaya.

 

Alexander und ich wollten den Gipfel über eine neue Route, den Direkten Nordpfeiler erreichen. Diese magische Linie setzt sich zusammen aus der Kammerlander-Hainz-Route im unteren Wandteil, bis sie auf 6.050 Meter in die Japanerroute übergeht. Diese Route weicht unter der 200 Meter hohen überhängenden Gipfelwand nach rechts über ein Rampensystem aus. Die neue Linie führt direkt durch die Granitmauer zum Gipfel.

 

Schlechte Wetterbedingungen und somit schwierige Verhältnisse am Berg hinderten anfänglich das Vorankommen. Dann musste Alexander wegen Krankheit die Expedition abbrechen. Ich hatte Glück und fand in dem 28jährigen Schweizer Iwan Wolf einen neuen idealen Seilpartner.

 

Am 29. Mai starteten wir unseren Gipfelversuch und biwakierten im Zweimann-Zelt auf einem exponierten Schneegrat auf 6.050 Meter. Dort verbrachten wir noch eine weitere Nacht und standen am 31. Mai, nach 12 Stunden extrem schwieriger Kletterei, um 18 Uhr auf dem Gipfel des Shivling. Unsere Route nannten wir Shiva´s Line und bewerteten sie mit 7/A4.

 

Am 13. Januar 2001 wurde unsere Expedition mit dem Bergsteigerpreis »Piolet d'Or« ausgezeichnet.

Die Region

SHIVLING

 

Quelle: Wikipedia

 

Der Shivling ist ein 6.543 m hoher Berg im nordindischen Teil des Himalayas. Er liegt in der Gangotri-Gruppe (Garhwal-Himalaya) im Bundesstaat Uttarakhand. Die markante Form gleicht einer steilen Pyramide und erinnert an das Walliser Matterhorn, weswegen der Berg auch als Matterhorn Peak bekannt ist. Aufgrund seiner wilden Form, verbunden mit der hohen Schwierigkeit einer Besteigung, ist der Shivling ein begehrtes Ziel unter Extrembergsteigern.

 

Der Shivling liegt westlich des Gangotri-Gletschers, gegenüber der Bhagirathi-Gruppe. Nördlich entspringt auf rund 4.000 m Höhe der »heilige Fluss« Bhagirathi, welcher den größten Zufluss des Ganges bildet. Das mit Gaumukh bezeichnete Gletschertor des Gangotri-Gletschers gilt als Ganges-Quelle und ist Zielpunkt eines bekannten und häufig begangenen Pilgerwegs. Über diesen von Gangotri kommenden Pilgerweg wird das Basislager erreicht. Direkt westlich liegt der 6.450 m hohe Meru, weiter westlich der 6.772 m hohe Briguapanth. Nordwestlich befindet sich die dreigipflige Manda-Gruppe (6.568 m).

 

Der Shivling besteht von drei Seiten aus steilen Felswänden, nur die Westseite ist flach genug um Firnflanken zu bilden. Diese sind durch Séracs stark zerklüftet. Er besitzt einen Zwillingsgipfel. Die Schartenhöhe beträgt 850 Meter.

 

Der Name des Shivlings bezieht sich auf den hinduistischen Gott Shiva. Der Shivling gilt als Symbol für die Schöpfungskraft Shivas. Die Form des Berges erinnert, vor allem von Norden her, an einen Linga, ein Symbol, das eng mit Shiva in Verbindung steht.

Bei ihrer Erstbesteigung des benachbarten Bhagirati III nannten die Briten Colin Kirkus und Charles Warren den Shivling nach seiner steilen pyramidenähnlichen Form erstmals Matterhorn Peak.

 

1938 war eine deutsche Expedition unter Leitung von R. Schwarzengruber an benachbarten Bergen unterwegs. Aufgrund der Steilheit und der vielen Séracs berichteten diese von »keinen durchführbaren Routen« auf den Shivling. In den folgenden Jahren sind keine Erstbesteigungsversuchen überliefert.


Erst am 3. Juni 1974 wurde der Shivling von dem Inder Laxman Singh mit den Sherpas Dorje, Pemba Tharkay, Pasang Tsering und Ang Tharkay über die Westwand und den Westgrat erstbestiegen. Der Grat führt in ein Col zwischen dem Zwillingsgipfel und von diesem über ein Couloir auf den Hauptgipfel. Diese Expedition war eine Unternehmung der indisch-tibetischen Grenzpolizei. Dieser Anstieg konnte erst 1980 wiederholt werden. Heute gilt er als »Normalweg«, wobei die Route durch steile und gefährliche Séraczonen führt und nicht immer begehbar ist. 1980 wurde der Nordgrat von einer japanischen Expedition erstbegangen.


Der Ostgrat wurde 1981 von einer internationalen Expeditionsgruppe, unter anderem mit Doug Scott, in 13 Tagen erstbegangen. Dabei mussten über 60 Seillängen (bis Schwierigkeitsgrad VI) teilweise mit Bigwalltechnik und technischer Kletterei (A3) überwunden werden. Diese Besteigung gilt heute als »alpine Meisterleistung und ein Meilenstein in der Geschichte des Berges«.


In den 1980ern waren weitere Expeditionen über den Südpfeiler, den Südostgrat und durch die Nordwand erfolgreich. Der deutsche Thomas Huber und der Schweizer Iwan Wolf konnten 2000 den Direkten Nordpfeiler (VII/A4) erstbegehen. Für diese Begehung erhielten die beiden den »Piolet d’Or«, die wohl bedeutendste Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen im extremen Bergsport. Im Mai 2012 erfolgte durch den Russen Walerij Rosow der erste Basejump vom Gipfel, was zum damaligen Zeitpunkt der zweithöchste Basejump von einem Berg darstellte. Heute führen über zehn Routen unterschiedlichsten Charakters auf den Gipfel.

Eckdaten

SHIVLING

6.543 Meter
Garhwal-Himalaya, Indien

 

SHIVA´S LINE

VII/A4

 

ERSTBEGEHUNG

2000, Thomas Huber und Iwan Wolf